Wir befinden uns inmitten einer Übergewichts- und Adipositas-Epidemie mit einem stetigen Anstieg der Betroffenen weltweit. Kein Wunder, dass sich ein großer Teil der Wissenschaft der Entwicklung von Ernährungsstrategien und Diät-Modellen verschrieben hat. Dabei kommen ständig neue Einsichten zutage, die bereits bestehende Prinzipien widerlegen oder neue Wege zur Gewichtsregulation vorschlagen. Das gehört natürlich zur Dynamik der Forschung dazu. Jedoch macht es den Diäten-Dschungel nur noch unübersichtlicher für die Menschen, die ihr Gewicht reduzieren wollen.
Kein Wunder, dass das Vertrauen in die Ernährungswissenschaft und die Forschung dahinter abnimmt. Trotz der wichtigen Stellung der Ernährungswissenschaft wird diese im Vergleich zu anderen Forschungsgebieten deutlich schlechter finanziert und gefördert, wodurch es nur verhältnismäßig wenige gut kontrollierte Interventionsstudien gibt. Verfechter bestimmter Diät-Modelle tragen zusätzlich dazu bei, dass häufig eine Art von Diät einer anderen als überlegen dargestellt wird. Doch sollte man lieber einer Low Carb, Low Fat oder mediterranen Diät folgen oder ist Intervallfasten die beste Strategie, um langfristig und nachhaltig abzunehmen? Wir klären über die einzelnen Diät-Formen auf und sagen Dir was letztendlich wirklich bei einer Gewichtsregulation helfen kann!
Was hat die Übergewichtsepidemie hervorgerufen?
Mehrere Ursachen sind denkbar. So zum Beispiel eine veränderte Kalorienquantität und -qualität in der Nahrungsauswahl. Des Weiteren trug wahrscheinlich auch die Industrialisierung dazu bei, indem es immer mehr günstig produzierte "convenient foods", also sehr stark verarbeitete Lebensmittel in den Supermarktregalen platzierte. Diese beinhalten sehr hohe Anteile an Salz, Zucker, Fett und Aroma-/Zusatzstoffe, die in der Kombination zu unnatürlichen Appetiteigenschaften führen und einen übermäßigen Konsum begünstigen. Aber auch der uneingeschränkte und allgegenwärtige Zugang zu Lebensmitteln aus schlechtem landwirtschaftlichen Anbau und stark verarbeitenden Prozessen hat das Ernährungsverhalten beeinflusst. Zudem verbringen die Menschen heutzutage mehr Zeit in Restaurants/Fast Food Ketten/Imbissen und bereiten weniger Mahlzeiten zuhause zu oder kochen. Auch die Zeit, die im Sitzen verbracht wird, hat über die letzten Jahrzente durch moderne Transportwege, Anstieg der Bürotätigkeiten und weniger körperliche Freizeitaktivitäten deutlich zugenommen.
Natürlich liegt auch eine genetische Disposition für die Entwicklung von Übergewicht vor, die berücksichtigt werden sollte. Allerdings haben sich unsere Gene in den letzten Jahrhunderten bzw. sogar Jahrtausenden nur minimal verändert, weshalb die Genetik die steigenden Zahlen nicht unbedingt erklären kann. Somit ist diese Epidemie zum größten Teil wohl über die oben genannten Umwelteinflüsse (aber auch weitere bislang unbekannte Ursachen) hervorgerufen wurden. Dabei war es womöglich eine Kombination all dieser Gründe, die das internationale Problem der steigenden Übergewicht- und Adipositaszahlen begünstigte.
Betrachtet man den Verzehr der einzelnen Makronährstoffe kann man auch hier keine klare Aussage treffen. Die Gesamt-Protein- und Kohlenhydrataufnahme hat sich in den letzten Jahrzehnten nur wenig verändert. Auffällig ist jedoch, dass der Verzehr von raffinierten/einfachen Kohlenhydraten deutlich zugenommen hat. Auch die allgemeine Fettzufuhr ist gestiegen. Allerdings konnten die Low Fat Strategien, die bereits in den 80er Jahren landesübergreifend auftraten die Übergewichtsepidemie nicht bremsen. Am Wahrscheinlichsten ist somit eher eine veränderte Makronährstoffqualität, als -quantität.
Low Carb Diät
Es gibt unterschiedliche Modelle einer Low Carb Diät. Dabei variieren die Gehälter an Kohlenhydraten von < 10% bis 50% der Gesamtenergieaufnahme pro Tag. Laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.) sollte die tägliche Aufnahme einer vollwertigen Mischkost >50 % der Gesamtenergie über Kohlenhydrate decken. Alles darunter gilt als Kohlenhydratrestriktion. Somit kann man die verschiedenen Diät-Modelle anhand der Kohlenhydrataufnahme in moderat (26-44%), niedrig (10-25%) und sehr niedrig (< 10%) einteilen. Wobei ein Anteil von < 10% der Gesamtenergiezufuhr an Kohlenhydraten sehr schwierig ist langfristig durchzuhalten.
Einer Low Carb Diät werden aufgrund des "Carbohydrate-Insulin Model of Obesity" (Kohlenhydrat-Insulin Modell des Übergewichts) ein erhöhter Energieverbrauch und eine bessere Reduktion des Körperfettanteils im Vergleich zu isokalorischen Diätformen, die einen höheren Anteil an Kohlenhydraten aufweisen, zugeschrieben. Durch den niedrigen Anteil an Kohlenhydraten kommt es zu einer geringeren Insulinsekretion, wodurch die Fettoxidation (Fettverbrennung) erhöht und die Fettsynthese reduziert wird. Jedoch war die Reduktion des Körperfetts vergleichbar zu isokalorischen Diäten mit höheren Kohlenhydratanteil, weshalb sich dieser Punkt bislang nicht unbedingt in der Praxis belegen lässt. Zudem gibt es weiterhin keine Belege dafür, dass das "Carbohydrate-Insulin Model of Obesity" wirklich zur starken Entwicklung von Übergewicht beigetragen hat bzw. beiträgt.
Trotzdem kommt es bei einer Low Carb Diät in den ersten Monaten zu einer starken anfänglichen Gewichtsabnahme. Dennoch ist diese wahrscheinlich eher auf den Verlust an Körperwasser zurückzuführen als durch die vermutete Fettabnahme. Inwiefern diese Effekte aber langfristig zu erzielen sind, bleibt fragwürdig, da die meisten Studien nur die ersten 6 Monate durchgeführt werden und selten ein Jahr überschreiten. Weiterhin kommt es in Bezug auf die Gewichtsabnahme zu großen inter-individuellen Schwankungen.
Des Weiteren soll eine Low Carb Diät dazu beitragen den Appetit besser zu regulieren. Womöglich aufgrund der hohen Anteile an Proteinen in der Ernährung oder der zirkulierenden Ketone, die bei einer Low Carb Ernährung gebildet werden.
Aufgrund des hohen Fettgehalts (v.a. gesättigter Fettsäuren) einer Low Carb Diät gibt es jedoch gemischte Ergebnisse in Bezug auf LDL-Cholesterin und auch der Effekt auf andere kardiometabolische Risikomarker bleibt unklar.
Fazit
Somit könnte sich eine Low Carb Diät für eine anfängliche Gewichtsabnahme eignen (2-6 Monate). Auch bei Prä- oder Typ 2 Diabetes könnte eine moderate Low Carb Ernährung positive Effekte erzielen, da es aufgrund der geringeren Insulinsekretion zu einer besseren glykämischen Kontrolle kommt. Jedoch sollte man zusätzlich die Fett- und Kohlenhydratqualität berücksichtigen und dass eine Hochfettdiät ebenfalls zu einer vermehrten Insulinresistenz der Organe führen kann.
Low Fat Diät
Wie auch bei den Low Carb Diäten, kann der Anteil der verzehrten Fette bei einer Low Fat Diät schwanken. Von der DGE wird empfohlen täglich ungefähr 30% der Gesamtenergie über die Fettzufuhr zu decken. Alles was darunter liegt, kann als fettreduzierte Ernährung bezeichnet werden. Aus der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) geht jedoch hervor, dass der Richtwert der DGE sowohl von Frauen als auch Männern durchschnittlich überschritten wird. Könnte eine Low Fat Diät also dazu beitragen, die Übergewichtsepidemie einzudämmen?
Da die Energie von Fett zum Beispiel weniger sättigend ist, als die von Kohlenhydraten, werden Low Fat Diäten zum Beispiel positive Eigenschaften in Bezug auf die Regulations des Hungers zugesagt. Zudem trägt ein hohes Verhältnis von Fett/Kohlenhydraten in der Ernährung möglicherweise zu einem passiven Überkonsum und einer erhöhter Energiebilanz bei prädisponierten Menschen bei. Des Weiteren stellt ein gramm Fett 9 kcal zur Verfügung, während Kohlenhydrate und Proteine jeweils nur 4 kcal/gramm aufweisen.
Anders als bei der Low Carb Diät, verändert sich die Fettoxidation während einer Low Fat Diät nicht. Allerdings kommt es trotzdem zu einer größeren Abnahme an Körperfett pro Tag als bei einer Kohlenhydratrestriktion. Allerdings wurden diese Effekte nur über kurze Zeit analysiert, weshalb auch hierbei die Aussage über Langzeiteffekte eingeschränkt ist.
Fazit
Vergleicht man Low Carb mit Low Fat Diäten, hatten beide Modelle ungefähr den gleichen Effekt auf die Gewichtsabnahme nach 6 Monaten. Beide Diäten führten zu einer Reduktion des Blutdrucks, wobei allerdings das LDL-Cholesterin bei der Low Fat Diät stärker gesenkt werden konnte als bei einer Low Carb Diät. Wenn es also vorwiegend um die Reduktion des LDL-Cholesterins als Risikomarker für kardiovaskuläre Erkrankungen geht, kann eine Low Fat Ernährung womöglich positive Effekte erzielen. Allerdings ist hierbei auch wieder die Qualität des Fettes und natürlich auch der verzehrten Kohlenhydrate zu beachten.
Intervallfasten
Intermittierende Energierestriktion oder auch Intervallfasten genannt, kann ebenfalls verschiedenen Modellen folgen. Das bekannteste Modell ist das 16/8-Fasten, wobei 16 h am Tag gefastet wird und die verbleibenen 8 h gegessen werden darf. Andere Modelle weisen zum Beispiel zwei Tage auf, an denen komplett gefastet bzw. die Energiezufuhr sehr stark eingeschränkt wird, während an den anderen Tagen normal gegessen werden kann. Viele Menschen, die Intervallfasten durchführen berichten von einer allgemeinen Verbesserung des Wohlbefindens und verringertem Hungergefühl, auf welchen physiologischen Grundlagen Letzteres beruht, muss aber noch untersucht werden.
Womöglich gibt es aber auch Unterschiede zu welcher Tageszeit gegessen wird. Dabei konnten vor allem positive Auswirkungen auf das Köpergewicht/Körperfettanteil, den Nüchtern-Blutzucker und Insulinlevel verzeichnet werden, wenn die Mahlzeiten zu früheren Tagesstunden verzehrt wurden. Wurde hingegen in den späteren Tagesstunden bzw. am Abend der Hauptteil der Nahrung verzehrt, waren meist keine Effekte sichtbar. Eine mögliche Erklärung ist die Anlehnung an den zirkadianen Rhythmus oder "innere Uhr", die über bestimmte Gene und Signalwege diese Effekte hervorruft.
Zudem ist nicht ganz klar was die bevorzugte Makronährstoffkomposition für diese Ernährungsform ist und wie sicher Intervallfasten für einen längeren Zeitraum (z.B. mehrere Jahre) ist, da auch hier viele Studien nur über kurze Zeit durchgeführt werden. Da die Makronährstoffzusammensetzung der einzelnen Modelle des Intervallfastens in den Interventionsstudien oft variiert und zudem nicht immer das gleiche Modell des Intervallfastens genutzt wird, ist es schwierig allgemeine Aussagen zu treffen.
Fazit
Auf diesem Gebiet der Ernährungswissenschaft sind die Studien meist sehr schlecht kontrolliert, sodass diese Ernährungsform nicht unbedingt besser als andere Diätformen bewertet werden kann. Wie auch bei den zuvor genannten Diät-Modellen, beruht die Gewichtsabnahme beim Intervallfasten womöglich auf der Reduktion der Gesamtenergiezufuhr. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass möglicherweise auch die Makronährstoffzusammensetzung, das Ausmaß des Fastens oder die Tageszeit, zu der gegessen wird eine Rolle spielen könnte.
Mediterrane Ernährung
Eine mediterrane Ernährung, auch als "Mittelmeer-Diät" bezeichnet, ist eher eine Ernährungsform als eine Diät. Dabei stehen vor allem frische Lebensmittel auf den Ernährungsplan, die zu einer vollwertigen, ballaststoffreichen Mischkost führen. Diese setzt sich aus frischen Obst und Gemüse, gesunden Fetten (z.B. in Form von Olivenöl), verhältnismäßig hohen Anteile an Fisch, Hülsenfrüchten und aromatischen Kräutern zusammen. Der Anteil an tierischen Fetten und Fleisch fällt in Mittelmeerregionen im Vergleich zu anderen Ländern deutlich geringer aus. Zusätzlich stehen trotzdem Pasta, Brot und Reis auf dem Speiseplan. Allgemein wird sich mehr Zeit für das Essen gelassen, sodass durch das langsame Essen mehr Bewusstsein entsteht, was möglicherweise auch positive Effekte auf das Sättigungsgefühl haben kann.
Vergleicht man die Gewichtsabnahme zwischen einer mediterranen Diät und anderen Diäten (Low Carb oder Low Fat), konnten hierbei eine ähnliche Gewichtsreduktion verzeichnet werden. Zusätzlich wurde eine Verbesserung bestimmter kardiovaskulärer Marker beobachtet, die interessanterweise im Vergleich zu den anderen Diät-Formen nach 12 Monaten trotz erneuter Gewichtszunahme weiterhin bestehen blieb.
Fazit
Da es sich bei der Mittelmeer-Diät eher um eine Ernährungsform hält, die automatisch zu einer Reduktion der Gesamtenergiezufuhr führen kann, ist diese "Diät" wohl leichter anzunehmen und langfristig durchzuhalten als andere Diät-Formen. In Bezug auf die Gewichtsabnahme wurden hier ähnliche Erfolge erzielt wie bei anderen hypokalorischen Diäten.
Warum ist es so schwer mein Gewicht zu halten?
Mit all den zuvor beschriebenen Diät-Modellen konnte in den meisten Studien eine Gewichtsreduktion bei hypokalorischer Ernährung erzielt werden. Dabei kam es meistens zu einer Gewichtsabnahme zwischen 5-10% des anfänglichen Körpergewichts, allerdings mit großen inter-individuellen Schwankungen. Diese Effekte wurden im Kurzzeitmodell überprüft (meist 3-6 Monate). Teilweise konnte bis zu einem Jahr Gewicht effektiv reduziert werden, wobei am Anfang die Gewichtsabnahme deutlich größer war und mit fortschreitender Zeit langsamer vonstatten ging bzw. stagnierte. Da es nur wenige Langzeitstudien mit Ernährungsinterventionen gibt, kann man jedoch nicht abschließend klären, ob eine Strategie besser ist als die andere. Bei Studien die 12 Monate überstiegen, wurde jedoch deutlich, dass meist eine erneute Gewichtszunahme erfolgte, wobei das anfänglich verlorene Gewicht wieder teilweise oder ganz zugelegt wurde.
Doch wie lässt sich das erklären? Warum erfolgt die Gewichtsabnahme typischerweise am Anfang besonders stark, stagniert dann und warum ist es so schwierig das verlorene Gewicht zu halten? Dafür gibt es mehrere Erklärungen, die hauptsächlich auf physiologischen Anpassungen beruhen. Es ist also nicht unbedingt so, dass es den Menschen, die abnehmen wollen an Willensstärke oder Durchhaltevermögen fehlt, was in der Praxis und Unterstützung unbedingt berücksichtigt werden sollte.
Homöostatische Kontrolle
Gewichtsveränderungen kommen durch ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und -verbrauch zustande. Dennoch geht es über das einfache "iss weniger" und "beweg dich mehr" hinaus. Eine weit verbreitete Regel prophezeit dabei eine stetige Gewichtsabnahme von 500g pro 3500 kcal Kaloriendefizit. Das wären z.B. 500 kcal weniger, die täglich verzehrt werden sollten, um pro Woche 500g abzunehmen. Allerdings sind Energiezufuhr und -verbrauch keine unabhängigen statischen Prozesse, sondern werden dynamisch über homöostatische Signale im Körper reguliert, die abhängig vom Gewichtsverlust und voneinander sind. Somit sind 500 kcal, die am Tag weniger verzehrt werden zwar für die meisten Menschen eine realistische Zielsetzung, allerdings bedeutet das nicht, dass bei jedem eine Gewichtsabnahme von 500g pro Woche erfolgen wird. Bei einigen wird diese vielleicht höher liegen, bei anderen aber geringer ausfallen.
Ein Beispiel sind Interventionen, die auf die Erhöhung der körperlichen Aktivität und ein damit verbundenes Kaloriendefizit abzielen. Dabei kommt es häufig zu einer wesentlich geringer ausfallenden Gewichtsreduktion als vermutet, auch wenn die Sporteinheiten durch Fachleute betreut werden. Womöglich liegt das daran, dass die durch das Training verbrauchte Energie über eine Veränderung der Nahrungsaufnahme und andere Verhalten kompensiert wird. Es handelt sich um ein komplexes neurobiologischen Regulationssystem, was unter anderem Energieverbrauch und Appetit beeinflusst und so einem Gewichtsverlust entgegenwirkt. So kann eine Gewichtsabnahme zu einem deutlichen Anstieg des Appetits führen, weshalb eine weitere Gewichtsreduktion erschwert wird.
Des Weiteren führt ein Gewichtsverlust dazu, dass der Stoffwechsel verlangsamt wird. Das heißt, dass Menschen mit mehr Gewicht einen höheren Energieverbrauch haben. Nimmt man Gewicht ab, wird als Folge somit auch der Energieverbrauch abnehmen. Es ist also sehr wichtig seine Erwartungen aufgrund dieser Tatsachen realistisch zu halten. In den meisten Studien konnten 5-10% des anfänglichen Körpergewichts trotz erneuter Gewichtszunahme reduziert werden, was bereits mit positiven Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit, das Wohlbefinden und bestimmte krankheitsassoziierte Parameter in Verbindung gebracht werden kann.
Das solltest Du beachten
Was die meisten Diäten gemeinsam haben ist, dass sie wenig verarbeitete und viele vollwertige Lebensmittel empfehlen. Somit sind diese häufig im Schnitt ballaststoffreicher und ärmer an Transfettsäuren als die vorherige Ernährung der Probanden. Besonders die stark verarbeiteten Lebensmittel haben einen bedeutenden Einfluss auf die Appetitregulation und tragen zu dem rasanten Anstieg an Menschen mit Übergewicht und Adipositas bei. Das liegt unter anderem daran, dass sowohl fett- als auch kohlenhydratreiche Mahlzeiten verschiedene Signalwege im Körper aktivieren, die die weitere Nahrungsaufnahme beeinflussen. Dabei wird Vieles über das Belohnungssystems des Gehirns und die "Kommunikation" zwischen Verdauungstrakt und Gehirn vermittelt.
Natürliche Lebensmittel und Mahlzeiten aus vorwiegend unverarbeiteten Lebensmitteln weisen meist ein ausgeglichenes Verhältnis und "normale" Gehälter der einzelnen Makronährstoffe auf. In stark verarbeiteten Lebensmittel kombiniert die moderne Lebensmittelindustrie jedoch Nährstoffe (v.a. Fette und Zucker) in Dosen, wie sie in der Natur nicht vorkommen würden. Diese Kombination trägt dazu bei, dass die Signale übermäßig verstärkt werden und vor allem das Belohnungsgefühl aktivieren. Man kann das Verlangen nach stark verarbeiteten Lebensmittel also durchaus als "Sucht" bezeichnen, da das Belohnungsgefühl alle anderen physiologischen Regulationen übertrifft und trotz Sättigungsgefühl dazu führt, dass wir ungebremst weiteressen.
Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass der Kaloriengehalt eines fettreichen bzw. eines kohlenhydratreichen Lebensmittels sehr gut eingeschätzt werden kann. Kombiniert man diese beiden Attribute jedoch in einem Lebensmittel (fett- und kohlenhydratreich) kann der Kaloriengehalt des jeweiligen Lebensmittels nicht mehr richtig eingeschätzt werden, was möglicherweise ebenfalls zu einem passiven Überkonsum beiträgt.
Tipps und Empfehlungen, wie Du Dein Gewicht regulieren kannst
- Die meisten Diäten mit reduziertem Kaloriengehalt führen zu einer ähnlichen Reduktion des Körperfettanteils über kurze Zeit. Aussagen über Langzeiteffekte können nur bedingt getroffen werden. Somit musst Du nicht unbedingt ein bestimmtes Diätmodell verfolgen, besonders dann nicht, wenn Du Dich damit quälst. Eine kalorienreduzierte Ernährungsumstellung mit einer ausgewogenen Makronährstoffqualität- und quantität ist empfehlenswert, um nachhaltig abzunehmen und seine Gesundheit positiv zu beeinflussen.
- Diese ausgewogene Ernährung oder "Diät" sollte hauptsächlich aus vollwertigen, natürlichen Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs bestehen. Tierische Lebensmittel sollten bei einer gemischten Ernährung nur in Maßen verzehrt werden.
- Achte auf eine ballaststoffreiche Ernährung (min. 30 g/Tag werden empfohlen) mit ausreichender Proteinzufuhr und vielen unverarbeiteten Lebensmitteln. Stark verarbeitete Lebensmittel sollten aus den oben genannten Gründen weitestgehen vermieden werden.
- Beachte die Nährstoffqualität Deiner Lebensmittel. Fett ist nicht gleich Fett und Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate. Das solltest Du auch vor allem berücksichtigen, wenn Du eine Low Carb bzw. Low Fat Diät verfolgst.
- Versuche Deine Mahlzeiten vorwiegend auf frischen Zutaten selbst zuzubereiten und weniger Mahlzeiten in Restaurants, Fast Food Ketten oder Imbissen zu verzehren.
- Setze Dir realistische Ziele und behalte eine mentale Flexibilität. Damit ist gemeint, dass sich viele Menschen, die abnehmen wollen sehr hohe Ziele setzen und nach dem Prinzip "alles-oder-nichts" vorgehen. Fange lieber klein an und steigere Dich nach und nach. Akzeptiere auch, dass die perfekte Einhaltung aller (selbst auferlegten) Empfehlungen eher unrealistisch ist und es immer mal Ausnahmen geben wird.
- In Bezug auf den letzten Punkt ist es auch wichtig sich nicht allzu sehr zu stressen, falls es mal nicht so klappen sollte. Jeder Mensch ist individuell und so auch Deine Bedürfnisse. Um die Motivation langfristig aufrechtzuerhalten und wirklich nachhaltig das Gewicht zu regulieren, sollte man lernen mit sich selbst nicht allzu hart ins Gericht zu gehen.
- Viele Menschen wollen besonders schnell besonders viel Gewicht verlieren. Es sollte jedoch eher eine kontinuierliche Gewichtsabnahme angestrebt werden. Und besonders wichtig ist auch, dass das verlorene Gewicht langfristig gehalten wird.
- Um das zu bewerkstelligen, kann es hilfreich sein sich Hilfe im professionellen Umfeld (z.B. von Ernährungsberatern/-therapeuten/Ärzten) und Unterstützung im Freundes- und Familienkreis zu suchen. Aber man sollte auch lernen, sein eigenes Verhalten und die eigenen Fortschritte/Rückschläge kontinuierlich zu analysieren und falls nötig versuchen Lösungsansätze zu finden.
- Des Weiteren können auch nicht-ernährungsspezifische Aktivitäten dazu beitragen, seinen Zielen etwas näherzukommen und allgemein kontraproduktive Verhalten zu minimieren (z.B. emotionales Essen). Das können die Entdeckung von neuen Hobbies sein oder Aktivitäten, die das eigene Bewusstsein stärken (z.B. Meditation oder Yoga).
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